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Kapitel 2
Gleichungstypen

Kontext: Die meisten Phänomene denen wir in den Ingenieurwissenschaften begegnen, werden sehr gut durch Differentialgleichungen beschrieben. Wir erinnern uns an die diskreten Netzwerkmodelle aus Elektrotechnik und Systemtheorie. Sie werden z.B. durch ein System linearer gewöhnlicher Differentialgleichungen (engl. “ordinary differential equations”) mit der Zeit als unabängiger Veränderlicher beschrieben. Wir erinnern uns auch an den Diffusionsprozess, wie z.B. den Wärmetransport in einem Bauteil auf einem Kühlkörper, das einer Wärmequelle ausgesetzt ist. Dieses Phänomen wird am Besten mit einer partiellen Differentialgleichung (engl. “partial differential equation”) beschrieben. In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit einer abstrakten Klassifikation von Differentialgleichungen. Der Diffusionsprozess wird in mehr Detail im nächsten Kapitel wiederholt.

2.1 Gewöhnliche Differentialgleichungen

Wir erinnern uns an die Klassifizierung (Eigenschaften) der gewöhnlichen Differentialgleichungen (GDGLs) und erkennen die verschiedenen Typen von Differentialgleichungen. Bei all diesen Differentialgleichungen sind wir immer an einer Lösung für einen bestimmten Anfangswert (oder Randwert) interessiert, also z.B. \(x(t=0)=x_0\) etc. Dieser Anfangswert ist immer Teil der Definition der Differentialgleichung.

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2.1.1 Linear und nichtlinear

Eine lineare Differentialgleichung ist beispielsweise \begin {equation} m\ddot {x}(t)+c\dot {x}(t)+kx=f(t) \label {eq:linear} \end {equation} die den gedämpften und getriebenen harmonischen Oszillator beschreibt, während \begin {equation} \frac {\dif ^2x}{\dif t^2}+\mu (x^2-1)\frac {\dif x}{\dif t}+x= 0 \label {eq:nichtlinear} \end {equation} eine nichtlineare Bewegungsgleichung für \(x\) ist. Sie beschreibt den so genannten Van-der-Pol Oszillator. Die Nichtlinearität ist hier dadurch zu erkennen, dass \(x^2\) die Ableitung \(\dif x/\dif t\) multipliziert.

Anmerkung: Die Ableitung erster oder höherer Ordnung ist eine lineare Operation, da \begin {equation} \frac {\dif ^n}{\dif x^n} \lambda f(x) = \lambda \frac {\dif ^n}{\dif x^n} f(x) \end {equation} für eine Konstante \(\lambda \) und \begin {equation} \frac {\dif ^n}{\dif x^n} \left [f(x) + g(x)\right ] = \frac {\dif ^n}{\dif x^n} f(x) + \frac {\dif ^n}{\dif x^n} g(x). \end {equation} Zeitliche Ableitungen werden mit einem Punkt angezeigt, \begin {equation} \dot {x}(t)=\frac {\dif }{\dif t} x(t). \end {equation} Für Funktionen einer Variable wird die Ableitung oft mit einem Strich angezeigt, \begin {equation} f'(x)=\frac {\dif }{\dif x} f(x). \end {equation} Für Funktionen mehrere Variablen ist das nicht mehr möglich. Hier werden wir daher immer explizit den Differentialoperator verwenden.

2.1.2 Ordnung

Die Ordnung einer Differentialgleichung ist gegeben durch die höchste Ableitung die in der Gleichung auftaucht. So sind Gl. \eqref{eq:linear} und Gl. \eqref{eq:nichtlinear} Beispiele für Differentialgleichungen zweiter Ordnung.

2.1.3 Systeme

Ein System von Differentialgleichungen 1. Ordnung bilden z.B. die Gleichungen \begin {align} \frac {\dif x}{\dif t} =& x(m - n y), \label {eq:sys1} \\ \frac {\dif y}{\dif t} =& - y(\gamma - \delta x), \label {eq:sys2} \end {align}

die bekannten Räuber-Beute-Gleichungen oder auch Lotka-Volterra-Gleichungen. Gleichungen \eqref{eq:sys1} und \eqref{eq:sys2} sind weiterhin nichtlinear.

Differentialgleichungen höherer Ordnung können in ein System von Gleichungen 1. Ordnung umgeschrieben werden. Im Beispiel des gedämpften harmonische Oszillators, \begin {equation} m\ddot {x}(t)+c\dot {x}(t)+kx=f(t), \end {equation} ersetzen wir \(\dot {x} = y\) und erhalten dadurch zwei Gleichungen erster Ordnung anstatt der ursprünglichen Gleichung zweiter Ordnung, nämlich \begin {align} \dot {x} =& y \\ m\dot {y} =& -cy-kx+f(t) \end {align}

2.2 Partielle Differentialgleichungen

Partielle Differentialgleichungen (PDGLs) sind Differentialgleichungen mit mehr als einer unabhängigen Variablen. Als Beispiel stellen wir uns ein zeitabhängiges Wärmetransportproblem in einer Dimension vor. Dieses wird mit einer Diffusionsgleichung für die lokale Temperatur des Systems dargestellt. Die Temperatur wird daher als Funktion zweier unabhängiger Variablen, der Zeit \(t\) und der räumlichen Position \(x\), dargestellt: \(T(x, t)\). Die Zeitentwicklung der Temperatur ist gegeben durch \begin {equation} \frac {\partial T(x,t)}{\partial t}=\kappa \frac {\partial ^2 T(x,t)}{\partial x^2}, \label {eq:heateq} \end {equation} wobei \(\kappa \) den Wärmeleitungskoeffizienten bezeichnet. Diese Gleichung wurde von Joseph Fourier (*1768, \(\dagger \)1830) entwickelt, dem wir im Laufe dieser Veranstaltung wieder begegnen werden.

Anmerkung: In Gl. \eqref{eq:heateq} bezeichnet \(\partial /\partial t\) die partielle Ableitung. Dies ist die Ableitung nach einem der Argumente (hier \(t\)), also die Variation der Funktion, wenn alle anderen Argumente konstant gehalten werden. Bei GDGLs tauchen im Gegensatz zu PDGLs nur Ableitung nach einer Variable (üblicherweise der Zeit \(t\)) auf, die dann mit dem Differentialoperator \(\dif /\dif t\) bezeichnet werden.

2.2.1 Erste Ordnung

Quasilineare PDGLs erster Ordnung, also Gleichungen der Form \begin {equation} P(x,t;u)\frac {\partial u(x,t)}{\partial x}+ Q(x,t;u)\frac {\partial u(x,t)}{\partial t}= R(x,t;u), \label {eq:PDE1Oquasi} \end {equation} für eine (unbekannte) Funktion \(u(x,t)\) und der Anfangsbedingung \(u(x,t=0)=u_0(x)\) können systematisch auf ein System gekoppelter GDGLs erster Ordnung zurückgeführt werden. Diese wichtige Eigenschaft wollen wir untersuchen.

Anmerkung: In Gl. \eqref{eq:PDE1Oquasi} wurde zur Illustration eine Darstellung mit zwei Variablen \(x\) und \(t\) gewählt. Allgemein können wir schreiben: \begin {equation} \sum \limits _i P_i(\{x_i\};u)\frac {\partial u(\{x_i\})}{\partial x_i}= R(\{x_i\};u) \end {equation} Hier wurde als Notation \(u(\{x_i\})=u(x_0, x_1, x_2, \ldots )\) genutzt, also die geschweiften Klammern bezeichnen alle Freiheitsgrade \(x_i\).

Gleichung \eqref{eq:PDE1Oquasi} können wir auf ein System von GDGLs transformieren. Dies wird die Methode der Charakteristiken genannt. Wir können dann die Formalismen (analytisch oder numerisch) zur Lösung von Systemen von GDGLs anwenden, die wir in der Vorlesung “Differentialgleichungen” kennengelernt haben.

Wir gehen folgendermaßen vor:

  1. Zunächst parametrisieren wir die unabhängigen Veränderlichen in Gl. \eqref{eq:PDE1Oquasi} mit einem Parameter \(s\) gemäß \(x(s)\) und \(t(s)\).
  2. Wir bilden dann die totale Ableitung von \(u(x(s),t(s))\) nach \(s\) \begin {equation} \frac {\dif u(x(s),t(s))}{\dif s}= \frac {\partial u(x(s),t(s))}{\partial x}\frac {\dif x(s)}{\dif s}+ \frac {\partial u(x(s),t(s))}{\partial t}\frac {\dif t(s)}{\dif s}. \label {eq:totalderiv} \end {equation}
  3. Durch den Vergleich der Koeffizienten der totalen Ableitung \eqref{eq:totalderiv} mit der PDGL \eqref{eq:PDE1Oquasi} sieht man, dass diese DGL genau denn gelöst wird, wenn \begin {align} \frac {dx(s)}{ds}&=P(x,t,u),\label {eq:transode1}\\ \frac {dt(s)}{ds}&=Q(x,t,u)\quad \text {und}\\ \frac {du(s)}{ds} &= R(u(s)).\label {eq:transode3} \end {align}

    erfüllt ist. Dies beschreibt die Lösung entlang bestimmter Kurven in der \((x,t)\)-Ebene.

Wir haben damit die PDGL in einen Satz gekoppelter GDGLs erster Ordnung, Gl. \eqref{eq:transex1}-\eqref{eq:transex3} umgewandelt.

Beispiel: Die Transportgleichung \begin {equation} \frac {\partial u(x,t)}{\partial t}+c\frac {\partial u(x,t)}{\partial x}=0 \label {eq:transportexample} \end {equation} mit der Anfangsbedingung \(u(x,t=0)=u_0(x)\) soll gelöst werden. Wir gehen nach obigem Rezept vor:

  1. Wir parameterisieren die Variablen \(x\) und \(t\) mit Hilfe einer neuen Variable \(s\), also \(x(s)\) und \(t(s)\). Wir suchen nun nach einem Ausdruck, mit dem wir \(x(s)\) und \(t(s)\) bestimmen können.
  2. Wir stellen nun die Frage, wie sich die Funktion \(u(x(s),t(s))\) verhält. Diese Funktion beschreibt die Änderung eines Anfangswertes \(u(x(0),t(0))\) mit der Variable \(s\). Die totale Ableitung wird zu \begin {equation} \frac {\dif u(x(s),t(s))}{\dif s}=\frac {\partial u}{\partial t}\frac {\dif t(s)}{\dif s}+\frac {\partial u}{\partial x}\frac {\dif x(s)}{\dif s}. \end {equation}
  3. Die totale Ableitung ist genau dann identisch zu der partiellen Differentialgleichung, die wir lösen wollen, wenn \begin {align} \frac {\dif x(s)}{\dif s} &=c\quad \text {und} \label {eq:transex1}\\ \frac {\dif t(s)}{\dif s} &=1. \end {align}

    In diesem Fall gilt \begin {equation} \frac {\dif u(s)}{\dif s} = 0.\label {eq:transex3} \end {equation}

  4. Die allgemeinen Lösungen für die drei gewöhnlichen Differentialgleichungen \eqref{eq:transex1}-\eqref{eq:transex3} sind gegeben durch \begin {align} x(s) &= cs + \text {const.},\\ t(s) &= s + \text {const.}\quad \text {und}\\ u(s) &= \text {const.} \end {align}
  5. Mit den Anfangsbedingungen \(t(0)=0\), \(x(0)=\xi \) und \(u(x,t=0)=f(\xi )\) erhält man \(t=s\), \(x=ct+\xi \) und \(u=f(\xi )=f(x-ct)\),

Die Anfangsbedingung \(f(\xi )\) wird mit der Geschwindigkeit \(c\) in die positive x-Richtung transportiert. Die Lösung für \(u\) bleibt konstant, da die Ableitung von \(u\) Null ist, also behält \(u\) den durch die Anfangsbedingung gegebenen Wert. Das Feld \(u(x,0)\) wird also mit einer konstanten Geschwindigkeit \(c\) verschoben: \(u(x,t)=u(x-ct,0)\).

2.2.2 Zweite Ordnung

Beispiele von PDGLs zweiter Ordnung sind die...

  • ...Wellengleichung: \begin {equation} \frac {\partial ^2 u}{\partial t^2}-\frac {\partial ^2 u}{\partial x^2}=0 \end {equation}
  • ...Diffusionsgleichung (mit der wir uns hier näher beschäfigen werden): \begin {equation} \frac {\partial u}{\partial t}-\frac {\partial ^2 u}{\partial x^2}=0 \end {equation}
  • ...Laplacegleichung (die wir auch näher kennen lernen werden): \begin {equation} \frac {\partial ^2 u}{\partial x^2}+\frac {\partial ^2 u}{\partial y^2}=0 \end {equation}

Die zweite Ordnung bezieht sich hier auf die zweite Ableitung. Diese Beispiel sind für zwei Variablen formuliert, aber diese Differentialgleichungen können auch für mehr Freiheitsgrade aufgeschrieben werden.

Für zwei Variablen lautet die allgemeine Form linearer PDGLs zweiter Ordnung, \begin {equation} a(x,y) \frac {\partial ^2 u}{\partial x^2}+ b(x,y)\frac {\partial ^2 u}{\partial x\partial y}+ c(x,y)\frac {\partial ^2 u}{\partial y^2}=F\left (x,y;u,\frac {\partial u}{\partial x},\frac {\partial u}{\partial y}\right ), \end {equation} wobei \(F\) selbst natürlich auch linear in den Argumenten sein muss, wenn die gesamte Gleichung linear sein soll. Wir nehmen nun eine Klassifizierung von PDGLs 2. Ordnung vor, stellen aber vorweg, dass diese Klassifizierung nicht erschöpfend ist und dass sie nur punktweise gilt. Letzteres heißt, dass die PDGL an unterschiedlichen Raumpunkten in eine andere Klassifizierung fallen kann.

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Wir nehmen zunächst an, dass \(F=0\) und \(a\), \(b\), \(c\) konstant seien. Dann erhalten wir: \begin {equation} a\frac {\partial ^2 u}{\partial x^2}+b\frac {\partial ^2 u}{\partial x\partial y}+ c\frac {\partial ^2 u}{\partial y^2}=0. \label {eq:n2ndoconst} \end {equation} Wir schreiben diese Gleichung um als die quadratische Form \begin {equation} \begin {pmatrix} \partial /\partial x \\ \partial /\partial y \end {pmatrix} \cdot \begin {pmatrix} a & b/2 \\ b/2 & c \end {pmatrix} \cdot \begin {pmatrix} \partial /\partial x \\ \partial /\partial y \end {pmatrix} u = \nabla \cdot \t {C} \cdot \nabla u =0 \label {eq:quadform} \end {equation} Die Koeffizientenmatrix \(\t {C}\) können wir nun diagonalisieren. Dies für zu \begin {equation} \t {C} = \t {U} \cdot \begin {pmatrix} \lambda _1 & 0 \\ 0 & \lambda _2 \end {pmatrix}\cdot \t {U}^T, \label {eq:diagquadform} \end {equation} wobei \(\t {U}\) auf Grund der Symmetrie von \(\t {C}\) unitär ist, \(\t {U}^T \cdot \t {U}=\t {1}\). Die geometrische Interpretation der Operation \(\t {U}\) ist eine Rotation. Wir führen nun transformierte Koordinaten \(x'\) und \(y'\) ein, so dass \begin {equation} \nabla = \t {U} \cdot \nabla ' \end {equation} mit \(\nabla '=(\partial /\partial x', \partial /\partial y')\). Mit anderen Worten, die Transformationsmatrix ist gegeben als \begin {equation} \t {U} = \begin {pmatrix} \partial x'/\partial x & \partial y'/\partial x \\ \partial x'/\partial y & \partial y'/\partial y \end {pmatrix}. \end {equation} Gleichung \eqref{eq:n2ndoconst} wird zu \begin {equation} \lambda _1 \frac {\partial ^2 u}{\partial x'^2} + \lambda _2 \frac {\partial ^2 u}{\partial y'^2} = 0. \label {eq:diag2nd} \end {equation} Wir haben die Koeffizienten der Differentialgleichung diagonalisiert. Für eine beliebige zweifach differenzierbare Funktion \(f(z)\), ist \begin {equation} u(x', y') = f\left (\sqrt {\lambda _2} x' + i\sqrt {\lambda _1} y'\right ) \end {equation} eine Lösung von Gl. \eqref{eq:diag2nd}.

Wir unterscheiden nun drei Fälle:

  • Der Fall \(\det \t {C}=\lambda _1\lambda _2=ac-b^4/4=0\) mit \(b\ne 0\) und \(a\ne 0\) führt zu einer parabolischen PDGL. Diese PDGL heißt parabolisch, weil die quadratische Form Gl. \eqref{eq:quadform} bzw. \eqref{eq:diagquadform} eine Parabel beschreibt. (Dies ist natürlich eine Analogie. Man muss die Differentialoperatoren durch Koordinaten ersetzen damit diese funktioniert.) Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sei \(\lambda _2=0\). Dann bekommen wir \begin {equation} \frac {\partial ^2 u}{\partial x'^2}=0. \label {eqnparab} \end {equation} Dies ist die kanonische Form einer parabolischen PDGL.
  • Der Fall \(\det \t {C}=\lambda _1 \lambda _2=ac-b^2/4>0\) führt zu einer elliptischen PDGL. Diese PDGL heißt elliptisch, weil die quadratische Form Gl. \eqref{eq:quadform} bzw. \eqref{eq:diagquadform} für eine konstante rechte Seite eine Ellipse beschreibt. (Für \(\lambda _1=\lambda _2\) ist es ein Kreis.) Wir formen nun die Gleichung für den elliptischen Fall auf eine standardisierte Form um und führen die skalierten Koordinaten \(x'=\sqrt {\lambda _1} x''\) und \(y'=\sqrt {\lambda _2} y''\) ein. Dann wird aus Gl. \eqref{eq:diag2nd} die kanonische elliptische PDGL \begin {equation} \frac {\partial ^2 u}{\partial x''^2}+\frac {\partial ^2 u}{\partial y''^2}=0. \label {eqnelliptic} \end {equation} Die kanonische elliptische PDGL ist daher die Laplace-Gleichung, Gl. \eqref{eqnelliptic} (hier im Zweidimensionalen). Lösungen der Laplace-Gleichung heißen harmonische Funktionen.
  • Der Fall \(\det \t {C}=\lambda _1\lambda _2=ac-b^2/4<0\) ergibt die so genannte hyperbolische PDGL. Diese PDGL heißt hyperbolisch, weil die quadratische Form Gl. \eqref{eq:quadform} bzw. \eqref{eq:diagquadform} für eine konstante rechte Seite eine Hyperbel beschreibt. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit fordern wir nun \(\lambda _1>0\) und \(\lambda _2<0\). Dann können wir wieder skalierte Koordinaten \(x'=\sqrt {\lambda _1}x''\) und \(y'=\sqrt {-\lambda _2}y''\) einführen, so dass \begin {equation} \frac {\partial ^2 u}{\partial x''^2} - \frac {\partial ^2 u}{\partial y''^2} = \begin {pmatrix} \partial u/\partial x'' \\ \partial u/\partial y'' \end {pmatrix} \cdot \begin {pmatrix} 1 & 0 \\ 0 & -1 \end {pmatrix} \cdot \begin {pmatrix} \partial u/\partial x'' \\ \partial u/\partial y'' \end {pmatrix} = 0. \label {eq:hyb} \end {equation} Wir können nun durch eine weitere Koordinatentransformation, nämlich eine Rotation um \(45^\circ \), die Koeffizientenmatrix in Gl. \eqref{eq:hyb} auf eine Form bringen, in der die Diagonalelemente \(0\) und die Nebendiagonalelemente \(1\) sind. Dies ergibt die Differentialgleichung \begin {equation} \frac {\partial ^2 u}{\partial x''' \partial y'''}=0, \label {eqnd2udxideta0} \end {equation} wobei \(x'''\) und \(y'''\) die entsprechend rotierten Koordinaten sind. Diese Gleichung ist die kanonische Form einer hyperbolischen PDGL und äquivalent zu Gl. \eqref{eq:n2ndoconst} in den neuen Variablen \(x'''\) und \(y'''\).

Für höherdimensionale Probleme müssen wir uns die Eigenwerte der Koeffizientenmatrix \(\t {C}\) anschauen. Die PDGL heißt parabolisch, wenn es einen Eigenwert gibt der verschwindet, aber alle anderen Eigenwerte entweder größer oder kleiner als Null sind. Die PDGL heißt elliptisch, wenn alle Eigenwerte entweder größer Null oder kleiner Null sind. Die PDGL heißt hyperbolisch, wenn es genau einen negativen Eigenwert gibt und alle anderen positiv sind oder es genau einen positiven Eigenwert gibt und alle anderen negativ sind. Es ist klar, dass für PDGLs mit mehr als zwei Variablen, diese drei Klassen von PDGLs nicht erschöpfend sind und es Koeffizientenmatrizen gibt, die aus diesem Klassifizierungschema fallen. Für Probleme mit genau zwei Variablen führt diese Klassifzierung zu den Bedingungen für die Determinanten der Koeffizientenmatrix die oben genannt wurden.

Diese drei Typen linearer PDEs 2. Ordnung lassen sich für manche Problemstellungen auch analytisch lösen. Wir geben im Folgenden ein Beispiel hierzu.

Beispiel: Wir lösen die eindimensionale Wellengleichung. \begin {equation} \frac {\partial ^2 u}{\partial x^2}-\frac {1}{c^2}\frac {\partial ^2 u}{\partial t^2}=0 \label {eqn1Dwaveeqn} \end {equation} durch Separation der Variablen. Dafür machen wir den Ansatz \(u(x,t)=X(x)T(t)\), was zu \begin {equation} \frac {1}{X}\frac {\partial ^2 X}{\partial x^2}=\frac {1}{c^2}\frac {1}{T}\frac {\partial ^2 T}{\partial t^2} \label {eqnseparate} \end {equation} führt. In Gl. \eqref{eqnseparate} hängt die linke Seite nur von der Variablen \(x\) ab, während die rechte Seite nur von \(t\) abhängt. Für beliebige \(x\) und \(t\) kann diese Gleichung nur erfüllt werden, wenn beide Seiten gleich einer Konstanten sind und wir erhalten somit \begin {equation} \frac {1}{X}\frac {\partial ^2 X}{\partial x^2}=-k^2=\frac {1}{c^2}\frac {1}{T}\frac {\partial ^2 T}{\partial t^2}\,\mathrm {.} \end {equation} Dies ergibt die folgenden zwei Gleichungen \[\frac {\partial ^2 X}{\partial x^2}+k^2X=0\] mit der Lösung \(X(x)=e^{\pm ikx}\) und \[\frac {\partial ^2 T}{\partial t^2}+\omega ^2T=0\] mit der Lösung \(T(t)=e^{\pm i\omega t}\), wobei wir \(\omega ^2=c^2k^2\) gesetzt haben. Dieses Beispiel braucht zur Ergänzung Anfangsbedingungen, damit wir eine Lösung finden können.

Literaturverzeichnis


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